Werkstatt

Frühlingserwachen

Die Triumph auf der Timothée Chalamet in der Rolle des Bob Dylan im Film „Like A Complete Unknown“ unterwegs ist, ist wirklich bildschön. Selbst Torsten ‚Ago‘ Beck war angetan. Das korrekte Baujahr, der richtige Sound – nur die Instrumente stammten wohl von einem späteren Modell. Dem Kennerblick entgeht nun mal so schnell nichts. In jedem Fall ein sehenswerter Film, nicht nur wegen der Triumph. Und man kann ja nicht immer nur schrauben.

Armin

Nun, auch wenn ich keine 500er Triumph wie die von Dylan in der Garage habe, Bob’s Musik läuft in meiner Werkstatt schon immer wieder mal. Da meine Werkstatt nun als solche genutzt werden kann, und das Jahr schon fortgeschritten ist, war eigentlich für die Motorräder die große Inspektion, die man im Winter macht, jetzt an der Reihe. Aber da lag seit Wochen eine Zeichnung für ein Plattenspielerbauteil, das ich für Erwin auf der Drehbank anfertigen sollte. Klein, puzzelig, mit Präzisionsanforderungen, die eigentlich meine Fähigkeiten überforderten und besser von einem Modellbauer auf einer Uhrmacherdrehbank hätten angefertigt werden sollen. Ich nahm’s als Herausforderung und machte mich an die Arbeit.

Eigentlich zu anspruchsvoll für einen Pädagogen.

Wider Erwarten ist mir das Teil mit dem ersten Anlauf tatsächlich gelungen. Jedenfalls im Rahmen meiner Möglichkeiten. Meine Bedingung an Erwin: Die Abholung muss mit seinem Mini erfolgen. (Oder besser: dem seiner Frau.) Ein Mini war nämlich mein erstes und einziges Auto, mit dem ich echt Spaß hatte. Tatsächlich habe ich schon ernsthaft darüber nachgedacht, mir nochmal einen zuzulegen. Aber eigentlich hasse ich rostiges Blech und unter einem Auto liegend nach oben zu arbeiten, während einem der ölige Dreck ins Gesicht rieselt. Nostalgie löst sich da schnell in Luft auf. Und die Preise für gutes Material sind inzwischen so hoch, dass sowas eh nicht drin ist. Hab ja auch genug Projekte…

Ich würd ihn ja nehmen…

Überhaupt bekomme ich in diesen Tagen eher abschreckendes Bildmaterial. Ago muss einer seiner ‚Lieblingsbeschäftigungen‘ nachgehen, und neue Laufbüchsen in einen Triple-Motor einbauen. Dazu müssen aber erst mal die alten raus. „Drecksjob“ ist sein Kommentar.

Wer macht schon sowas gern? (Foto: Torsten B.)

Und auch das Getriebe einer der aus Afrika reimportierten Maschinen gibt keinen Anlass zur Freude.

Die Briten nennen sowas schon mal ‚hardly‘ used… (Foto: Torsten B.)

Alois hat für seinen Norton-Eintopf einen Motor ergattert, den er als Ersatz-Aggregat aufbauen möchte. Beim Zerlegen kommt reichlich Schrott zum Vorschein: Eine geschweißte Kurbelwelle, ein falsches, ausgeglühtes Pleuel, ein Kolben mit Fressspuren usw. Er signalisiert, dass man ihn besser nicht nach seiner Laune fragt.

Wenn die Kurbelwange wegen der Schweißnaht eh Schrott ist, kann man das Pleuel auch mit Gewalt ausbauen.
Blau ausgeglüht und an den Seiten mit der Flex bearbeitet, damit es passt. Hier war ein Grobschlosser am Werk.
Und ein Kolben mit solchen Fressspuren hat es auch hinter sich.

Stefan baut gerade ein DDR-Mopped neu auf. Da hat jemand angefangen, und dann wohl den Drive und die Übersicht verloren. Nun ist der Fachmann an dem Teilepuzzle. Sieht schon gut aus, aber die Elektrik gibt mal wieder Rätsel auf.

Aus einem Land, das es nicht mehr gibt.
Wenn alle Teile aufbereitet sind und der Zusammenbau anfängt, kommt meistens Freude auf.

Ich rolle endlich die Clubman auf die Hebebühne und fange an, meine Liste abzuarbeiten. Ein Satz neue Reifen, Ölwechsel, Tacho-Beleuchtung instand setzen, neue Rastengummis, neuer Kettensatz, neue Bremsscheibe usw.

Die Räder sind schon beim Reifenhändler.
Aus dem Kurbelgehäuse lässt sich das Öl ganz gut ablassen, für den Öltank habe ich mir ein kleines PE-Rohr (links im Bild) passend gemacht.
Ein frischer Ölfilter versteht sich von selbst…
…beim Deckel ist auf korrekte Montage zu achten!

Bislang musste ich an der Clubman noch nicht viel schrauben, aber jetzt war es doch Zeit, ihr etwas Zuwendung zu geben. Es war z. B. noch immer die erste Kette montiert, bemerkenswert für einen Einzylinder. Allerdings hatte das Kettenrad inzwischen spürbar Spiel, da mussten neue Ruckdämpfer rein. Zu meiner Überraschung waren Kettenrad und Ritzel aber noch völlig in Ordnung, so dass ich nur die neue Kette montieren musste.

Die Ritzel-Abdeckung musste ich noch nie demontieren. Mir war klar, wie es dahinter aussehen würde.
Dreck vermischt mit halb verharztem Kettenfett. Bei solchen Reinigungsaufgaben kommt ‚Freude‘ auf…
Für das Nietschloss der neuen X-Ring-Kette war ein spezielles Nietwerkzeug nötig. Mir sind klassische Clip-Schlösser definitiv lieber.
Zum Glück kann man zumindest die ausgebauten Teile auf dem Reinigungstisch säubern. Hier der Kettenradträger mit dem Kettenrad…
...der in die neuen Ruckdämpfer in der Radnabe gesteckt wird.

Das gereinigte Kettenrad wurde wieder montiert, die Kette mit dem Nietschloss versehen. Letzteres war etwas fummelig, denn man muss den Niet genau in der Mitte treffen, und könnte dafür mehr als zwei Hände gebrauchen. Die Muttern für das Kettenrad sind selbstsichern. Wenn diese Sicherung aus einem Kunststoffring besteht, sollten stets neue Muttern verwendet werden. Aber hier kann die etwas aufwendigere Mutter mit Blechsicherung zum Einsatz. Da kann man die kleinen Bleche mit einem Durchschlag und sanften Hammerschlägen so biegen, dass sie wieder spannen und klemmen, wenn sie aufgeschraubt werden.

Bleche vorsichtig tiefer klopfen und zur Sicherheit hochfeste Flüssig-Schraubensicherung verwenden.
Man sieht, wie sich das kleine Blech - nun wieder unter Spannung - in den Gewindegang setzt.

Das Rad hat inzwischen einen neuen Reifen bekommen und kann komplettiert und wieder eingebaut werden. Die Trommelbremse ist gereinigt, die kleine Achse, die die Bremsbacken spreizt, wurde hauchdünn mit Kupferpaste geschmiert.

Typisch Honda: Verschleißgrenzen-Anzeige am Kettenspanner…
…und Verschleißgrenzen-Anzeige am Bremshebel der Ankerplatte. Und die Körner-Punkte zeigen die Einbauposition für den Bremshebel an. Sehr schön!
Vorne war eine neue Bremsscheibe fällig.

Und dann war da noch das Sekundärluftsystem. Im Gegensatz zur Honda XBR 500, die über einen fast baugleichen Motor verfügt, hat die Clubman ein SLS. Grund sollen die damals kurzfristig verschärften Abgasgrenzwerte in Kalifornien sein, denn die Clubman wurde für den US-Markt gebaut. Auch spätere Dominator-650-Modelle haben dieses System.

Das Sekundärluftsystem. Nicht hübsch und auch nicht optimal in der Funktion.
Raus damit.

Über ein mit dem Vergaser, der Luftfilterbox und den Auslasskanälen verbundenes Unterdruck-Membran-System soll im Fahrbetrieb Luft für eine Nachverbrennung im Abgassystem zugeführt werden, um so die Emissionsgrenzwerte einzuhalten.

Plättchen verschließen die Anschlüsse an den Auslasskanälen.

Leider führt das beim Gaswegnehmen nach zügiger Fahrt oft zu explosionsartiger Verbrennung im Auspuffsystem, was zufällig anwesende Fußgänger immer wieder vor Schreck springen lässt und auf kurz oder lang die Prallbleche schädigt. Und der Auspufftopf (oder eine Alternative) ist nicht für Geld und gute Worte zu bekommen. Dominator-Fahrer berichten gar von herausfallenden Ventilsitzen. Handlungsbedarf also! Da die Clubman bei der Abgasmessung viermal so hohe Abgaswerte hätte haben dürfen, als sie hatte, sollte eine ersatzlose Demontage kein Problem sein. Da es den Umbaukit nicht mehr gibt, habe ich ihn kurzerhand selbst angefertigt. Die beiden Alu-Verschluss-Plättchen entstanden aus einem Stück 5-mm-Alu, für den Unterdruck-Schlauch zum Vergaser genügte eine passende Schraube mit Linsenkopf und eine Klemmschelle.

Der verschlossene Unterdruckschlauch.
Der verschlossene Schlauch-Stutzen am Luftfilterkasten.
Linsenkopfschrauben verschließen Gewinde auch optisch sauber.

Die erste Testfahrt durch’s Bergische Land habe ich mit Gerd schon unternommen. Allerdings hat die Clubman auch da gelegentlich – leiser und sehr viel seltener – geknallt. Angeblich stellt das eine geringfügig fettere Vergasereinstellung ab. Wir werden sehen…

Piet's 400er mitgerechnet ist immerhin das zweite Motorrad jetzt schon mal startklar für die Saison.