Werkstatt

Große Inspektion (Teil2)

Vor unserer Bamberg-Tour hatte ich nur die wesentlichen Dinge der großen Inspektion erledigen können. Da inzwischen die 180 000-km-Marke geknackt war, wollte ich den Rest nun auch noch erledigen.

Armin

Am Abend vor der Abfahrt Richtung Bamberg entdeckte ich, woher das seltsame Vibrationsgeräus kam, das ich schon so lange wahrnahm, aber nie ausfindig machen konnte: Die beiden Schrauben der Kunststoffbox die die Kontrollleuchten beherbergt, waren verloren gegangen. Für die Tour verschaffte ein Kabelbinder erst mal provisorisch Abhilfe. Eine Reparatur verkniff ich mir, denn mir war klar, das wird ein Job für Schlangenfinger.

Der Deckel der kleinen Box ist inzwischen kaum noch unbeschädigt zu bekommen. Üblicherweise sind zumindest einige der drei Schrauben-Ösen ausgebrochen, so wie hier.
Mit 2-K-Kleber wird zunächst Material „angegossen“.
Noch ein bisschen Feinschliff und etwas schwarzer Lack, und nur bei genauer Betrachtung sind die Schadensspuren noch zu erkennen.

Der Deckel war schnell demontiert, und er wies denselben Schaden auf, den ich schon bei Piet’s 400er mit 2-Komponenten-Kleber, Dremel und schwarzem Sprüh-Lack repariert hatte. Aus dem ausgehärteten Kleber wird mit entsprechendem Kleinwerkzeug die neue Lasche gearbeitet und die Bohrung für die Schraube gesetzt. Mit ein paar Tupfern schwarzer Farbe ist kaum noch etwas von der Reparatur zu sehen. Das wirklich Üble war das Einsetzen der neuen Schrauben für das Birnengehäuse, da es um den Scheinwerfer ziemlich eng zugeht. Entsprechend war die Montage von Flüchen begleitet…

Zwischen Scheinwerfer und Instrumententräger geht es ziemlich eng zu…
…so dass die Montage der neuen Schrauben eher etwas für Menschen mit Schlangenfingern ist.

Und weil ich schon mal da vorne dran war, ersetzte ich gleich auch noch den defekten Kupplungsschalter am Kupplungshebel. Das ist eines der wenigen Teile an der Honda, das ziemlich simpel hergestellt ist, und so auch immer mal wieder den Dienst quittiert. Dann lässt sich die Honda nur noch bei eingelegtem Leerlauf mit dem Anlasser starten, ein Zug am Kupplungshebel bleibt wirkungslos.

Schnell noch den neuen Kupplungsschalter anschließen.

Kupplung war auch das Stichwort für die nächsten Arbeitsschritte. Am Morgen unserer Abfahrt meinte Peter, meine Kupplung sei aber ausgesprochen schwergängig. Und tatsächlich wurde sie im Lauf der Tour immer schwergängiger. Am letzten Tag verspürte ich dann noch 2-3 Mal ein leichtes Rutschen. Ich hatte im letzten Jahr bei der Motorzerlegung neue Beläge aus meinem Fundus eingebaut, aber keine neuen Federn. Und die Beläge hatten schon sehr, sehr lange gelegen. Überlagerung in Verbindung mit müden Federn waren durchaus eine mögliche Erklärung für das leichte Rutschen. Was die Schwergängigkeit anging, hatte ich einen anderen Verdacht. Und der bestätigte sich dann auch.

Warum kann man Dinge, die sich bewährt haben, nicht einfach weiter so herstellen, warum muss man sie verschlimmbessern? Vor gut 30 Jahren meinten die Hersteller von Zügen plötzlich, man müsse modern werden und den Zug in einer Hülle aus Teflon gleiten lassen. Tatsächlich gleitet das Stahlseil darin zunächst leichter. Mit der Zeit wirkt es aber wie eine Feile und reibt sich in das Teflon ein, die Folge ist Schwergängigkeit. Früher hat man Züge regelmäßig mit Öl versorgt. Greift man nun dazu, beschleunigt man den Prozess der zur Schwergängigkeit führt noch, denn Öl und Teflon vertragen sich nicht. Silikon-Sprays helfen kurzzeitig, können aber den Schaden nicht beheben. Ich brauche seit dieser Änderung bei Seilzügen deutlich öfter einen neuen Kupplungszug.

Dass das Stahlseil rechts bevor es in die Außenhülle geht, so weiß ist, ist kein Lichteffekt im Foto. Es ist gepudert mit weißem Silikon. Stahlseil und Außenhülle sind noch völlig intakt, trotzdem ist der Zug ein Fall für die Tonne.

Beläge und Federn waren schnell gewechselt, das lässt sich bei der 400 FOUR mit wenig Aufwand bewerkstelligen. Diesmal bekam sie neue Vesrah-Beläge und verstärkte Federn.

Hochwertiges Material vom Erstausstatter.
Links die neue Feder, rechts die ermüdete und sichtbar gestauchte Feder.

Und weil der Kupplungsdeckel schon mal runter war, habe ich mir gleich noch die Kickstarterwelle genau angesehen. Der Kickstarter war mir nämlich gelegentlich seltsam durchgerutscht. Die genaue Betrachtung im Vergleich zu einer Welle aus meinem Teilefundus zeigte dann nach 180 000 km und 47 Jahren deutlich erkennbare Abnutzungserscheinungen. Der Einbau der Welle aus dem Fundus sollte das kurieren.

Nach 47 Jahren und 180 000 km darf ein Teil auch mal müde sein, oder?
Ersatz aus dem Fundus schafft Abhilfe.
Der Deckel unter dem der Kupplungszug eingehängt wird, hat serienmäßig keine Dichtung. Deshalb dringt bei Regenfahrten immer ein wenig Wasser ein, und lässt Zug und Mechanik Rost ansetzen. Eine selbstgeschnittene Dichtung verschafft hier Abhilfe.

Schon länger störte mich das Spiel des Kupplungshebels in der Griffarmatur. Nach einigem Suchen fand ich im Internet tatsächlich einen Kupplungshebel, der in der Lagerbohrung eine kleine Messingbuchse hatte, ganz wie es Honda vor 47 Jahren gemacht hatte. Bei der Demontage zeigte sich dann, dass der eigentliche Verschleißkandidat der Schraubbolzen war. Er hatte einen vollen Millimeter Durchmesser durch die 180 000-km-Abnutzung verloren.

Links die verschlissenen Teile, rechts die neuen. Man beachte die Buchse in der Lagerbohrung. Oft machen die Details den Unterschied.

Die Halterung des Lenkungsdämpfers war vor vielen Jahren mal gebrochen. Ich weiß nicht mehr, wer mir damals Ersatz gefräst hat, aber er ist ziemlich klotzig ausgefallen. Eine gute Gelegenheit zu versuchen, mit meiner kleinen Tischfräse mal den Versuch zu unternehmen, dies etwas abzumildern. Noch nicht optimal, für einen Fräsnovizen aber akzeptabel. Mal sehen, wie gut ich mich in dieses Thema einarbeiten kann…

Zwei Stufen nehmen ordentlich Material weg…
Schon besser.

Vor der Tour war mir aufgefallen, dass der kurze Kabelbaum der Lichtmaschine, Leerlaufschalter und Öldruckschalter mit dem Hauptkabelbaum durch die Motorhitze von 47 Jahren völlig versprödete Kabelisolierungen hatte. Etwas Isolierband genügte für die Tour, um Probleme zu vermeiden. Nun bekam die Honda aber ein Neuteil. Die Stecker hatten bereits Grünspan angesetzt, so konnte die Lima sicher nicht mehr optimal Strom liefern. By the way: es ist noch die erste Lima. Ich denke nächsten Winter lass‘ ich sie vorsorglich mal neu wickeln.

Stecker mit Grünspan leiten nicht gut.
Die neuen Stecker sind dünn mit Polfett bestrichen, das beugt neuer Oxydation vor, und macht es der Feuchtigkeit schwerer einzudringen.

Der letzte Kandidat auf meiner Liste war das Schaltgestänge. Auch hier war noch das Originalteil montiert, auf der Tour hatte ich jedoch eine Zunahme des Spiels festgestellt. Die Demontage zeigte eine ausgelutschte Verzahnung am Klemmteil, das auf die Schaltwelle gesteckt wird. Gebrauchtteile fand ich im Internet nach längerer Suche ganze zwei. Ordentlich verrostet, trotzdem wollten die Anbieter einen höheren dreistelligen Betrag. Also suchte ich weiter, und siehe da: Diese Klemmung mit Kugelkopf wurde auch für spätere Honda-Modelle mit jeweils anderem Schaltgestänge verbaut. Für ganze 15 € fand ich rostfreien Ersatz. Zwar hat der Schalthebel auf seinem Lagerbolzen auch erhöhtes Spiel, aber durch eine etwas dickere Scheibe konnte ich das auf ein erträgliches Maß senken. Für meinen ursprünglichen Plan, den Hebel mit einer Bronze-Buchse zu bestücken, hat er doch zu wenig ‚Fleisch‘. Mal sehen, vielleicht drehe ich im Winter einen etwas dickeren Bolzen…

Funktioniert wieder. Nicht ganz optimal, aber zu meiner Zufriedenheit.

Auf meiner Probefahrt machte ich bei Peter einen kurzen Zwischen-Stopp. Dem fiel auf, dass mein Seitenständer etwas kippelig war. Wieder zuhause sah ich mir das Ganze an, und schraubte den Ständer ab. Und siehe da: Ursache waren zwei von mir vor über 40 Jahren falsch montierte Distanzscheiben.

Gereinigt und frisch abgeschmiert und richtig montiert kippelt auch der Seitenständer nicht mehr. Ich war’s schon gewohnt…

Jetzt steht die Honda bepackt mit Schlafsack und Zelt in der Garage, morgen geht’s in aller Frühe zum FOUR-Club-Treffen nach Bayern.