Motorrad

Die Intermot in Köln

Guido Urfei, Pressemann der DHM hat mich kürzlich gefragt, ob wir uns auf der Intermot in Köln sehen.

Armin

Es war Anfang der Achtziger, als ich zum Studium nach Köln kam, als ich schon begann mit den neueren Motorrädern, ihrer Technik und ihrem Design zu fremdeln. Immer mehr Plastik, immer mehr Leistung, die im normalen Straßenverkehr kaum wirklich nutzbar war, und immer mehr Elektronik und Hightec, was den durchschnittlichen Schrauber vor oft unlösbare Probleme stellte. So ließ mein Interesse an der weiteren Entwicklung des Motorrads nach, ich hielt, als Student auch wegen chronischem Geldmangel, einfach meine 400er am Laufen. So kam es, dass ich auch nie auf der IFMA war, damals einfach DIE Motorrad-Messe. Als Guido mich aber darauf hinwies, dass ich als Gelegenheits-Autor für die Fachpresse ja per Journalisten-Akkreditierung freien Eintritt hätte, sagte ich mir, warum eigentlich nicht.

Auch wenn ich kein Zweitakt-Fan bin: Dieser schön aufgebaute Dreizylinder-Renner war das Erste was ich sah, als ich die Messehalle betrat, was mich sofort versöhnlich stimmte.
Gleich daneben stand diese Suzuki Katana. Auch wenn sie mir nie gefallen hat: Das damals extrem futuristische Design wirkt auch heute nicht wirklich altbacken.

Natürlich wurden auch dem aktuellen Trend zum E-Antrieb folgend auch einige E-Motorräder ausgestellt (siehe Aufmacherfoto), aber doch deutlich weniger als ich erwartet hatte. Für mich ist unstrittig, dass wir wegen des Klimawandels ganz schnell die CO2-Emmisionen massiv reduzieren müssen, wenn unsere Spezies, also unsere Kinder eine Zukunft haben sollen. Aber E-Motorräder lösen in mir keine Emotionen aus. Viel Plastik, kein (mich) ansprechendes Design, kein Sound, kein Motor-Geruch. So kalt wie ihr LED-Licht. Dann kaufe ich mir lieber ein Segelboot.

Schon über dem Haupteingang zu Messe wurde auf einem riesigen Bildschirm permanent Werbung für die neuen Norton-Modelle gezeigt. In den Hallen hat dann der Norton-Stand alles andere ganz klar in den Schatten gestellt. Größe, Design, Licht, alles hat sich deutlich abgehoben, war komplett durchgestylt. Selbst die Barbie-Models am Stand passten dazu, was mich eher abgeschreckt hat, weil es wirklich die billigsten alten Klischees angesprochen hat.

Ein Teil des riesigen Norton-Stands.

Tatsächlich wurde da u. a. ein neues Modell mit dem legendären Namen „Manx“ ausgestellt. Wobei ich mich gefragt habe, was in den Köpfen der Marketing-Leute angeht, die sich das ausgedacht haben. Die Manx steht wie nur wenige andere Motorräder für die konsequente Einzylinder-Philosophie, und sie war eine reine Rennmaschine, hatte keine Straßenzulassung. Die Neue ist ein Straßenmotorrad und wird durch einen V4 angetrieben. Was ja durchaus ein modernes und effektives Motorenkonzept ist, also entsprechend hätte beworben werden können.

Die neue Norton Manx.

Ist denen kein passenderer Name eingefallen? Haben sie so wenig Vertrauen in ihr neues Produkt, dass sie in dieser Form auf die alten Legenden zurückgreifen müssen? Und kann die junge Fahrergeneration mit dem Namen ‚Manx‘ überhaupt noch was anfangen?

Ich finde das hat Triumph bei seiner Auferstehung 1990 besser gemacht. Es wurde das mal abgesehen von den Rennstreckenerfolgen abgesehen eher wenig erfolgreiche Dreizylinder-Konzept aufgegriffen und konsequent in moderne Motoren-Bauweise übertragen. Mir haben die Modelle damals nicht gefallen, und ich war skeptisch, ob diese Marke gegen die damals übermächtigen Japaner nochmal Fuß fassen würde. Ich lag falsch, und inzwischen hat Triumph seine schon früher sehr erfolgreiche Zweizylinder-Philosophie im Retro-Segment wieder aufgegriffen.

Triumph Speed Twin, auch das eine Modellbezeichnung mit starkem historischem Bezug. Aber eben nicht nur im Namen. Allerdings sind inzwischen statt 500 ccm 900 – 1200 ccm drin. In meinen Augen völlig übermotorisiert, wie die meisten aktuellen Motorräder.

Allerdings wirken die aktuellen Twins ziemlich wuchtig, wenn man vor ihnen steht. Und ein Twin mit 1200 ccm lockt mich nicht wirklich. Zwar haben mir die neuen Trident-Modelle bislang nicht gefallen, manche fand ich geradezu hässlich und die meisten einfach zu voluminös. Das aktuelle Modell hat mich aber letztendlich mehr angesprochen als die retro-Twins.

Die aktuelle Trident mit 900 ccm. Käme bei mir beim Kauf eines modernen Motorrads tatsächlich in die engere Wahl.

Wenn es ein Twin werden sollte, sprechen mich die Modelle von Enfield mehr an. Guido bemängelte zwar die nicht immer perfekte Verarbeitung etwas, aber der günstige Preis, der auch für junge Einsteiger interessant ist, rechtfertigt dies in meinen Augen allemal.

Eine dezente Variante für die Stollenreifen-Fraktion.

Außerdem haben die Inder eine kluge Strategie gewählt. Der 650er-Twin lässt sich mit unterschiedlicher Leistungsabgabe bauen und eignet sich so mit der variante mit ‚nur‘ 48 PS auch für Führerscheinneulinge. Außerdem bieten sie eine große Varianten-Vielfalt von der Enduro bis zum GT-Sportler an, was sicherlich die Entwicklungskosten deutlich im Zaum hält.

Mich spricht die GT in der schlichten Version mehr an, …
…ich finde aber auch dieses Modell mit klassischer Avon-Verkleidung recht ansprechend.
Es geht auch ganz klassisch mit viel Chrom.

Über die Haltbarkeit und Wartungsfreundlichkeit der Motoren habe ich bisher nur Gutes gehört. Und im Fazit eines der ersten Testberichte hat der Fachjournalist einen wesentlichen Punkt benannt: Kein elektronischer Overload. Klar, das Design ist in jungen Augen sicher sehr konservativ, erinnert nicht wie die meisten anderen Hersteller an ‚Transformers‘. Dafür scheint die Enfield bei den Customizern schon recht beliebt.

Customizer arbeiten oft handwerklich sehr sauber, allerdings sind Showroom-Modelle oft nicht gut fahrbar und würden bei TÜV-Ingenieuren für beschleunigten Puls sorgen.

Als ich in den Neunzigern die erste Honda Clubman beim Händler stehen sah, hat sie mir sofort gefallen. Moderne Technik mit klassischem Design. Aber je mehr die Retro-Welle ins Rollen kam,

Als ich in den Neunzigern die erste Honda Clubman beim Händler stehen sah, hat sie mir sofort gefallen. Moderne Technik mit klassischem Design. Aber je mehr die Retro-Welle ins Rollen kam, umso mehr wuchs bei mir die Tendenz: Dann lieber das Original. Sicher hat Kawasaki mit der aktuellen 900er das alte design recht gelungen mit der neuen Technik kombiniert, mehr noch als bei der Kawasaki Zephir. aber wirklich locken tut mich dieses Motorrad nicht.

Stimmig klassische Optik. Trotzdem springt bei mir der Funke nicht über. Für die gelungene Zeitreise müsste es das Original sein.

Und bei der 125er Yamaha in XT-Lackierung stelle ich mir dieselben Fragen noch mehr als bei der neuen Norton Manx. Will man wirklich 16-jährige mit einem Design aus den Siebzigern locken, die nichts damit assoziieren? Oder hofft man auf ehemalige XT-Fahrer aus der Boomer-Generation? Geben die sich dann statt mit 500 ccm mit dem kleinen Hubraum zufrieden? Oder ist das nur eine Spielerei zum 70. Yamaha-Jubiläum? Berufsbedingt weiß ich so ungefähr, was in der menschlichen Psyche so ablaufen kann. Aber die Denkmuster der hier tätigen Marketing-Strategen geben mir Rätsel auf.

125er Yamaha im Farbschema früher XT-Modelle.

Honda war in meiner Wahrnehmung bislang in der Retro-Manie eher zurückhaltend, was mancher Fan der altenCB 750 FOUR bedauert. Klar, die Dax kam als 125er, aber auch hier stellt sich die Frage der Zielgruppe. Ich habe bislang noch keinen 16-jährigen damit gesehen, die Fahrer der wenigen Neu-Däxe die mir begegnet sind, hatten wie ich schon deutlich angegraute Haare.

Honda Dax mit 125 ccm.

Stattdessen wurden die gängigen Modelle einfach konsequent weiter entwickelt, ohne radikale Brüche zu machen. Natürlich fanden sich am Honda-Stand auch E-Antriebe und Modelle im neuen Design-Trend. Aber Sportler wie die CBR 600 oder die Fireblade präsentieren sich wie eben beschrieben. Und besonders das aktuelle Topmodell von Honda, die CBR 1000 RR-R war von einer Menschentraube umlagert.

Honda CBR 1000 RR-R. Dürfte mit über 30 000 € Kaufpreis und 218 PS bei 14 000 U/Min. bei den meisten Interessenten nicht nur den Geldbeutel überfordern.
Modernes Design, und sicher bewährte Honda-Qualität. Aber mich spricht’s nicht an.
Schmunzeln musste ich allerdings über die Krümmer-Führung, die mir irgendwie bekannt vorkam…
Da gibt es Parallelen.

Und natürlich gab es auch einige ganz heiße Eisen für die Rennstrecke zu sehen.

Alteisen war kaum ausgestellt. Der Gold-Wing-Club zeigte einige Modelle aus der Modellreihe, die von den Siebzigern bis heute reicht.

Eine ältere Gold Wing.

Und die IG Königsklasse hielt die Zweitakt-Rennfahne hoch.

Außerdem gab es noch vereinzelt ein paar Ausstellungsstücke.

Gut gebrauchte umgebaute BSA 650.
Begehrenswerte Ducati SS 900…
…und schönes Schnittmodell des Königswellen-Desmo-V-Twin. (Ist doch eigentlich viel zu schade um sowas draus zu machen!)

Schade, DHM und FOUR-Club hatten keinen Stand. Und die Clubs der britischen Alteisen tauchen auch kaum noch auf. Dafür hat die Bundeswehr hat das Thema Motorrad (Feldjäger) genutzt, um hier Personal zu werben. Allerdings mit einem deutlich kleineren Stand, als im Vorjahr, wie Guido berichtete. Ob das mit der Verabschiedung des neuen Wehrdienstgesetzes just an diesem Tag zu tun hatte? Schließlich wird damit an der Freiwilligkeit gesägt. Dass direkt daneben ein Stand von ‚Kuhle Wampe‘ war, ließ mich schmunzeln. Denn dort wurde nicht nur deutlich gegen rechtsradikale Tendenzen Stellung bezogen, sondern auch Material der DFG-VK ausgelegt.

Neben der Polizei hatte auch die Bundeswehr einen Stand.
‚Kuhle Wampe‘ hielt dagegen.

So viel erst mal zu meinem Ausflug in die Moderne. Insgesamt wurde mir beim Gang durch die zwei Hallen nicht so ganz klar, welchem Konzept diese Messe folgt, da z. B. auch ein chinesischer Hersteller von E-Kleinwagen einen Stand hatte. Und von der Atmosphäre spricht mich die Messe in Dortmund mehr an. Schade, dass ich nie auf der IFMA war. Guido meinte, die sei immer echt klasse gewesen. Wann beamt uns Scotty endlich auf Zeitreise?