Nachdem das Jahr das Wetter betreffend ganz gut gestartet ist, zeigt sich der Juli ganz überwiegend von der feuchten Seite. Zwar habe ich mit der kleinen FOUR Ende Juni bereits 3000 km abgeritten. Aber danach bin ich kaum zum Fahren gekommen. Immerhin freuen sich mein Garten und die Grundwasserpegel im Osten der Republik über die Niederschlagsmengen, ich will mich also nicht beschweren.
An einem der trockenen Tage bollert es in meiner Einfahrt, und ich sehe meine Annahme, dass Alois seine Norton ES2 mal wieder ausführt bestätigt. Dieser schöne Einzylinder ist auf unseren Straßen selten zu sehen. Und er zeigt beispielhaft, wie sehr sich Technik und Design in den letzten Jahrzehnten verändert haben.
Klassischer britischer Einzylinderbau. Die Norton ES2 von Alois ist in einem Top Zustand.Blick in eine vergangene Zeit: Choke-Hebel am Lenker, per Rändelrad einstellbares Lenkkopflager, analoger Tacho und Ampèremeter im Lampentopf aus Blech integriert. Nichts davon findet man an einem aktuellen Motorrad so wieder.Der Single-Motor ist eine Augenweide.
Im Sommer drehe ich ganz gern wochentags eine Landstraßen-Runde durch das Bergische Land. Dann habe ich die Landstraßen für mich, denn die ‚Biker‘ aus Köln, Dortmund und den anderen Ruhrgebiets-Städten und die Nachbarn aus Holland müssen arbeiten. Aber manchmal fällt so eine kleine Runde doch auf’s Wochenende. Bei einer solchen Gelegenheit mache ich mal wieder eine kleine Kaffee-Pause an der Alten Schule. Und wie schon im letzten Jahr lande ich so mitten im Guzzi-Treffen. Ähnlich wie beim FOUR-Club-Treffen reisen viele nicht auf Motorrad-Achse an, sondern mit großen CO2-aktiven Bremsklötzen, genannt ‚Wohnmobil‘. Immerhin bringen sie einige sehenswerte Zeitzeugen mit.
Roller oder Motorrad? Auf jeden Fall eine interessante Unterbringung des Ersatzrads.Die Zweitakt-Guzzi-Crosser waren eher eine Randerscheinung.Ein wirklich schönes frühes Falcone-Modell. Unverwechselbar durch den mächtigen liegenden Zylinder und die große Schwungscheibe.Einem solchen frühen Guzzi-V-Twin würde ich mich auch nicht verweigern. Aber auch sie haben leider ihren Preis.
Für mich das mit Abstand interessanteste Guzzi-Modell war aber der Vorkriegsrenner, den ein Teilnehmer mitgebracht hatte.
Rahmenheck mit Reibscheibendämpfung, Trapezgabel, frei liegende Ventilfedern. Unverkennbar Vorkriegstechnik.So sieht Renntechnik aus den zwanziger und dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts aus. Da wird die Ventilspielkontrolle zur Freude.Die Schaltwippe ist die Konstruktion betreffend sicher korrekt, scheint mir aber eher deutlich später angefertigter Ersatz für ein fehlendes Original-Teil zu sein. Wer fahren will, kommt um solche Kompromisse oft nicht herum.Mit wieviel Kreativität und Liebe zum handwerklichen Detail, hier der Tankdeckel-Verschluss, früher oft gearbeitet wurde, fasziniert mich Kind des Plastik-Zeitalters immer wieder.
Außerdem zieht mich ein kleiner Vierzylinder an, der ursprünglich unter dem Namen Benelli lief. Ähnlich wie in der britischen Motorrad-Industrie wurden die italienischen Hersteller in den sechziger und siebziger Jahren von der innovativen japanischen Motorrad-Flut massiv unter Druck gesetzt. Jene, die in finanzielle Turbulenzen gerieten, wurden von anderen geschluckt, die dann oft selbst nicht überlebten.
350 ccm-Vierzylinder mit Guzzi-Schriftzug.In den Siebzigern wollten die Italiener modern werden, um zu überleben. Heraus kam etwas, das ich als Lego-Design bezeichne.Die ursprüngliche Benelli-Konstruktion war in vielen Punkten der HONDA-Vorlage gefolgt. Beim Sechszylinder-Motor waren sie sogar schneller als HONDA.
Und dann erreichte mich noch ein Foto, das mir Martin zukommen ließ, und das bei mir ein breites Grinsen auslöste. Sein fetter US-Chopper Big Dog brauchte einen neuen Hinterreifen. Endlich weiß ich, warum er sich ein Gespann gekauft hat…
Nein, dieser Reifen passt definitiv nicht auf die Felge einer Kreidler-Van-Veen.